Drei Marken, drei Wege: Wie gelingt der Sprung vom DTC-Geschäft in den Handel?
Eigener Store, Premium-Zwischenhändler oder Listung im Supermarkt – drei CEOs von Marken, die als Direct-to-Consumer-Brands gestartet sind, über ihre Erfahrungen im Offline-Geschäft.
- Olavson: Vom Umfeld etablierter Fachgeschäfte profitieren
- Koro: Growth-Rate von 150 % im Einzelhandel
- Ameli Zürich: Dauerhafte Sichtbarkeit durch eigenen Store
Steigende Kosten für Onlinewerbung, sinkende Kaufkraft, wenig Investment-Bereitschaft – nach dem Direct-to-Consumer-Hype zur Pandemiezeit hat sich der Wind gedreht. Startups, die als reine Online-Marken aufgebaut wurden, stehen aktuell vor neuen Herausforderungen des Direktvertriebs. Wir haben mit drei CEOs gesprochen, die sich für den Schritt in den stationären Handel entschieden haben, um ihr Unternehmen breiter aufzustellen und dabei unterschiedliche Wege gewählt haben. Wie gelingt der Sprung vom digitalen DTC-Business in den Offline-Handel? Wie mussten sie ihr Geschäftsmodell durch den zusätzlichen Vertriebsweg neu ausrichten? Und was sind ihre größten Learnings?
Olavson: Vom Umfeld etablierter Fachgeschäfte profitieren
Louis Mühleck, CEO
Das Geschäftsmodell: Olavson verkauft Pfannen und Töpfe als Lifestyleobjekt. So wie Dyson es im Staubsaugerbereich vorgemacht hat, Kitchenaid auf dem Küchenmaschinen-Markt oder GHD mit Föhns, will sich Olavson als Premium-Variante für Pfannen und Töpfen auf dem Markt etablieren. Das Playbook sei erprobt, sagt Louis Mühleck. "Man nimmt einen Alltagsgegenstand, wertet ihn durch Produktinnovationen auf und vermarktet ihn als Lifestyleprodukt im Premiumsegment." Im Fall von Olavson liegt die Innovation in einem Kupferkern, der die Hitzeverteilung im Kochgeschirr besonders schnell und gleichmäßig gewährleisten soll. Außen sind die Produkte aus Edelstahl. "Kupfer ist einfach das beste Material zum Kochen und besonders bei Spitzengastronomen sehr beliebt", sagt Mühleck. Das Schöne an Kochgeschirr aus unternehmerischer Sicht sei, dass es in jedem Haushalt vorhanden ist, das Premium-Segment aber noch relativ unbesetzt sei. "Es gibt Legacy-Marken wie Le Creuset, WMF oder Fissler, die aber eher etwas eingestaubt sind und nicht den Trend der Zeit aufnehmen."
Die Herausforderungen: Olavson wurde 2019 gegründet, gebootstrapped und hat innerhalb der ersten drei Jahre einen Jahresumsatz von mehr als fünf Millionen Euro über den eigenen Onlineshop gemacht. Performance-Marketing sei dabei entscheidend gewesen, viel Meta, viel Google, sagt Louis Mühleck. Außerdem habe man mit bekannten Köch*innen wie Haya Molcho (Neni) kooperiert oder Kochabende mit Vitus Winkler oder mit Heiko Antoniewicz veranstaltet, um Bekanntheit in der Gastro-Szene zu erlangen. "2020, 2021 war DTC einfach ultra gehypt. Die Konsumenten wollten alle online kaufen, das Geld saß sehr locker und es gab auch nicht so viel Wettbewerb, was Werbeanzeigen anging." Inzwischen habe sich die Situation stark gewandelt. "Viele DTC-Brands sind in dieser Zeit massiv gewachsen, haben jetzt aber mit immer weiter steigenden Kosten für Onlinewerbung, zu hohen Lagerbeständen, geringeren Konsumentenausgaben oder fehlenden Kapitalzuflüssen zu kämpfen", sagt Mühleck. "Die Investment-Relevanz ist signifikant zurückgegangen. Die Marken, die sich nicht schnell genug wieder verschlanken können, kommen halt unter die Räder."
Louis Mühleck hat 2024 die Geschäftsführung bei Olavson übernommen. Foto: Olavson
Der Schritt in den Handel: Mehrere Erkenntnisse aus den ersten Geschäftsjahren haben bei Olavson für die Expansion in den Einzelhandel gesprochen: "Wir haben festgestellt, dass die Zielgruppe, die wir erreichen wollen, nämlich eine etwas ältere, uns gerne offline sehen würde und das Produkt vor der Kaufentscheidung in die Hand nehmen möchte", sagt er. Besonders im Premium-Kochbereich würden Konsument*innen beim Einkauf gerne etwas erleben, etwa bei Produktvorführungen. "Dazu kommt, dass wir ein erklärungsbedürftiges Produkt haben, da die Innovation im Inneren der Pfannen und Töpfe steckt.
Im anspruchsvoller gewordenen DTC-Umfeld war das Ziel beim Schritt in den Handel, einen neuen Kanal zu erschließen: "Der Offline-Handel ist ein ganz großen Treiber, weil wir damit noch mal eine komplett neue Zielgruppe erreichen. Man muss sich vor Augen halten, dass rund 85 Prozent aller Einkäufe immer noch offline getätigt werden", sagt Louis Mühleck, der sich das Wachstum im Einzelhandel vorgenommen hat, seit er 2024 die Geschäftsführung übernommen hat. Dabei hat sich Olavson gezielt gegen eigene Läden entschieden. Einerseits, um hohe Fixkosten zu vermeiden, andererseits, um von der Expertise und dem Umfeld etablierter Fachgeschäfte zu profitieren. "Unsere Strategie ist, dass wir uns in dem Bereich mit den Top-Marken und den Top-Einzelhändlern assoziieren." Die Pfannenmarke ist zum Beispiel in Hamburg bei Weitz gelistet, am Neuen Wall, "direkt neben dem Balenciaga- und dem Dior-Store", sagt Mühleck, im Berliner Kaufhaus des Westens oder in München bei Kustermann. "Bei diesen Top-Adressen gibt es eine sehr kaufkräftige Kundschaft, die gezielt in den Laden kommt, um sich eine neue Pfanne oder Topf zu kaufen."
Die Learnings: Im ersten Jahr mit zweigleisiger Distribution habe Olavson 200 Prozent Umsatzwachstum gesehen, sagt Louis Mühleck, "wobei die Onlineseite sich aufgrund der aktuellen konjunkturellen Lage seitwärts bewegt." Durch die Strategie des Verkaufs bei Zwischenhändlern verzichtet die Marke im Offline-Geschäft zwar auf einen ordentlichen Teil der Marge, doch die Vorteile würden dennoch überwiegen: "Natürlich verdienen wir im Einzelhandel nicht so viel wie im Direktverkauf, dafür befruchtet es sich aber gegenseitig. Wenn Kunden uns im Einzelhandel sehen, kaufen sie vielleicht die erste Pfanne offline, ihr Pfannenset dann aber online." Ein wichtiges Thema sei das Pricing, sagt der CEO, besonders, wenn die Produkte nicht über einen eigenen Store verkauft werden. Das bringe zusätzliche Komplexität in das DTC-Business: "Ich kann zum Beispiel nicht online einfach einen großen Black-Friday-Sale machen, sonst würden uns die Einzelhändler an den Hals springen. Da muss man seine Strategie anpassen und sich fragen, wie preisstabil man sein möchte, denn das ist im Einzelhandel ein existenzielles Gut."
Die Zukunftsvision: Olavson will das Thema Einzelhandel in Zukunft weiter ausbauen und die Markenbekanntheit an der Seite der bekannten Einzelhandelsgrößen in der Breite steigern. "Es wird dauern, bis wir in einem Satz mit Le Creuset und WMF genannt werden, aber mir dem Kupferkern machen wir ein ganz neues Feld auf." Eigene Stores, wie die bekannten Konkurrenten sie haben, sind zumindest vorerst nicht geplant. "Da muss jede Marke überlegen, ob man schon so weit im Massenmarkt angekommen ist, dass man sich einen eigenen Store leisten möchte und da würde ich aktuell sagen, sind wir noch zu nischig unterwegs."
Koro: Growth-Rate von 150 % im Einzelhandel
Florian Schwenkert, CEO
Das Geschäftsmodell: Der Berliner Onlinehändler Koro wurde 2014 gegründet und verkauft lange haltbare Lebensmittel wie Nüsse, Trockenfrüchte, Proteinriegel oder Cerealien, teilweise in besonders großen Verpackungen, aber auch Non-Food-Produkte wie Einmachgläser. Als reines E-Commerce-Startup gestartet, hat Koro den Weg in den Lebensmitteleinzelhandel schon vor vier Jahren gewagt und ist inzwischen an mehr als 15.000 Point of Sales in der DACH-Region, Italien, Frankreich, den Niederlanden und den Nordics vertreten.
Der Schritt in den Handel: "Wir wollten Koro in den Massenmarkt bringen und unsere Markenbekanntheit steigern", erklärt Florian Schwenkert, der den alleinigen CEO-Posten 2024 übernommen hat und zuvor als COO und dann als Co-CEO bei Koro verantwortlich war. Die Mehrheit der Menschen kaufe Lebensmittel immer noch offline und lerne dort auch neue Marken kennen, sagt er. "Die Präsenz im Lebensmitteleinzelhandel (LEH) hat es uns ermöglicht, mit unserer Zielgruppe offline in Verbindung zu treten und so Vertrauen in die Marke aufzubauen, aber auch neue Zielgruppen zuerschließen." Inzwischen ist Koro in Deutschland in fast allen Supermärkten, Bio-Märkten und Drogerien zu finden, Discounter ausgenommen. In Frankreich ist der Lebensmittelhändler bei Carrefour gelistet, in Italien bei einigen Filialen von dm und der Einzelhandelskette Esselunga. In den Niederlanden ist Albert Heijn der größte LEH-Kunde.
Die Herausforderungen: Koro sei beim Start vor vier Jahren zunächst noch nicht auf die Anforderungen des Einzelhandels vorbereitet gewesen, sagt Schwenkert rückblickend. "Uns fehlte nämlich etwas: Routine und das Verständnis dafür, dass man im Einzelhandel einfach super verlässlich abliefern muss." Als konkretes Beispiel nennt er den schwankenden Geschmack bei Naturprodukten. "Den kann man Kund*innen im Direktvertrieb einfach erklären, im Einzelhandel geht das nicht." Inzwischen hat es Koro von 0 auf 15.000 POS geschafft, laut Schwenkert haben dazu vor allem besseres Forecasting, gute Logistikprozesse, Produkte mit stabiler Qualität und engagierte Retail- und Außendienstteams beigetragen. "Im vergangenen Jahr hatten wir eine Growth-Rate von 150 Prozent im Einzelhandel. Auch wenn der Umsatzanteil offline stark gewachsen ist, machen wir immer noch den Großteil des Umsatzes online." Genaue Zahlen will er dazu nicht nennen.
Eine aktuelle Herausforderung sieht der Koro-CEO in der Lebensmittelbranche vor allem in den steigenden Rohstoffpreisen, die durch den Klimawandel und dadurch resultierende schlechte Ernten entstehen. "Natürlich bringt auch enormes Wachstum, wie es Koro gerade erlebt, einige neue Aufgaben mit sich", sagt er. "Da brauchen die Bereiche Supply Chain Management und Logistik besonders viel Aufmerksamkeit, denn Warenverfügbarkeit und reibungslose Lieferungen sind enorm wichtig für die Zufriedenheit der Kund*innen." Um die aktuelle Wachstumsphase zu meistern, hat Koro vor Kurzem Steffani Busch, die frühere COO von Westwing, als neue COO an Bord geholt.
Florian Schwenkert ist seit 2024 CEO von Koro. Foto: Koro
Die Learnings: Umstellen musste sich Koro durch den Schritt in den Handel auch bei den Produkten: Online war das Unternehmen vor allem mit seinen Großpackungen bekannt geworden, im Laden erwies sich das eher als unpraktisch: "Eine 2,5-Kilo-Packung Haferflocken kaufen die meisten Kund*innen ungern offline und schleppen sie dann nach Hause." Als Reaktion wurden kleinere Probiergrößen ins Sortiment aufgenommen und die Snack-Auswahl ausgebaut. "Dabei mussten wir uns von der Konkurrenz absetzen, also den bekannten Größen auf dem Markt." Die Koro-Snacks sollten dafür einerseits gut schmecken, aber auch "einfach ein bisschen besser sein", etwa durch einen geringeren Zucker- oder Fettanteil, eine kurze Zutatenliste oder Bio-Qualität.
Auch in der Zielgruppe gibt es Unterschiede zwischen Online-Shop und Einzelhandel: Die Kund*innen, die bei Koro online bestellen, sind im Schnitt etwas jünger als die Endkund*innen im Laden. Schwenkert sieht darin eine Win-Win-Situation: "Wir bringen junge und trendbewusste Käufer*innen, die uns bereits kennen und vielleicht auf Social Media folgen, in den Einzelhandel und finden dank der Präsenz auch offline statt, was uns vor allem Markenbekanntheit, Vertrauen und auch den ein oder anderen neuen Kund*in einbringt."
Die Zukunftsvision: Koro hat in einer Series-C-Finanzierungsrunde Ende vergangenen Jahres 35 Millionen Euro frisches Kapital eingesammelt. Damit sollen das Produktsortiment und die Präsenz in Europa ausgebaut werden. Trotz des Wachstums im Offline-Bereich kommen eigene Koro-Stores vorerst nicht in Frage, sagt der CEO. Eigene Geschäfte würden viel Zeit und Energie kosten: "Die sehen wir an dieser Stelle einfach nicht gut investiert." Stattdessen sollen zusätzliche Offline-Touchpoints geschaffen werden, um die Markenbekanntheit weiter zu steigern und in den Austausch mit der Kundschaft zu kommen, etwa wie zuletzt durch das Sport-Sponsoring beim internationalen Tennisevent BMW Open in München, oder durch Koro-Cafés: "Wir haben eins in Berlin eröffnet und planen gerade weitere in Italien und Frankreich".
Ameli Zürich: Dauerhafte Sichtbarkeit durch eigenen Store
Christina Stahl, CEO und Co-Gründerin
Christina Stahl, Mitgründerin von Ameli Zürich. Foto: Ameli Zürich
Das Geschäftsmodell: Das Handtaschen-Startup aus der Schweiz ist speziell auf die Bedürfnisse von Frauen im Arbeitsalltag ausgerichtet, zum Beispiel durch Laptopfächer und die passende Innenorganisation. Gründerin Christina Stahl war es leid, sich für Geschäftstermine zwischen der praktischen, aber schmucklosen Laptoptasche und einer schönen Handtasche entscheiden zu müssen. 2020 gründete sie daher zusammen mit ihrem Mann Charly ihr eigenes Unternehmen und verkauft seitdem Leder-Taschen und Accessoires im oberen Preissegment. Gestartet ist die Brand als reines DTC-Geschäft. Inzwischen gibt es einen physischen Store in Zürich, und perspektivisch sollen weitere folgen.
Aktuelle Herausforderungen: In den vergangenen Monaten haben verschiedene Entwicklungen das Online-Geschäft insbesondere im Marketing komplexer gemacht, berichtet Christina Stahl. "Die klassischen Performance-Kanäle wie Meta oder Google werden nicht nur teurer, sondern auch volatiler. Die Kosten steigen, die Effizienz sinkt." Das mache es schwieriger, Budgets sinnvoll zu steuern. Eine wachsende Herausforderung sei auch der "Content Gap", also die Diskrepanz zwischen ästhetischem Brand-Content auf der einen Seite und Creatives, die auf Social Media gut performen, auf der anderen Seite. "Unsere Marke lebt von hochwertigem, elegantem Storytelling. Gleichzeitig brauchen Paid-Kanäle schnelle, authentische und conversionstarke Inhalte." Die Balance zwischen beiden Welten zu finden und dabei der eigenen Markenidentität treu zu bleiben, sei nicht trivial.
Der Schritt in den Handel: Für Ameli Zürich war der Schritt in den stationären Handel ein bewusst gewählter, strategischer Meilenstein – sowohl aus Business- als auch aus Branding-Perspektive, berichtet Christina Stahl. "Wir wollten aus der reinen Online-Welt herauswachsen, ohne den klassischen Weg über den Wholesale zu gehen. Statt unsere Brand Experience in fremde Hände zu geben, war es uns wichtig, die volle Kontrolle über den physischen Touchpoint zu behalten." Mit einem Pop-Up-Store hat das Team ab Oktober 2023 getestet, ob ein eigener Laden für die Marke sinnvoll wäre. Die Wahl fiel dabei auf den Standort Zürich, denn dort hat die Marke die höchste Bekanntheit und ein lokales Netzwerk. Die Resonanz war positiv: "Wir haben nicht nur starkes Kundenfeedback bekommen, sondern auch klare wirtschaftliche Signale, dass sich der Schritt lohnt." Daher gibt es das Geschäft in Zürich jetzt dauerhaft. "Wir sehen in dem eigenen Store eine langfristige Investition, gerade in Zeiten, in denen Customer Acquisition Costs über digitale Kanäle kontinuierlich steigen", sagt Christina Stahl. Statt ausschließlich in bezahlte Reichweite zu investieren, setze das Unternehmen auf einen Ort, der dauerhaft Sichtbarkeit schafft, im besten Fall über Jahre.
Seit der Store-Eröffnung konnte der Umsatz in der Schweiz laut Stahl im Vergleich zur Vorperiode um 77 Prozent gesteigert werden. "Gleichzeitig ist auffällig, dass unsere Online-Umsätze in der Schweiz im selben Zeitraum nahezu stagniert sind. Besonders im Raum Zürich, wo der Store direkt zugänglich ist, sehen wir sogar einen leichten Rückgang im Online-Geschäft." In anderen Schweizer Städten ohne Store sei hingegen ein solides Wachstum online zu verzeichnen. "Das zeigt: Der Store ersetzt teilweise die Online-Käufe."
Die Learnings: Online sei der Austausch oft einseitig, stark durch Algorithmen gefiltert und schwer greifbar. "Im Store hingegen treten wir in den direkten Dialog – wir hören zu, beobachten, lernen", sagt Stahl. "Diese physische Nähe hat füruns einen enormen Wert, weil sie nicht nur Vertrauen schafft, sondern auch unser Produkt weiter verbessert." Auch neue Kundinnen konnten dadurch gewonnen werden: "Viele kannten uns bereits digital, hatten aber bisher nie den letzten Impuls zum Kauf. Der Store hat genau diese Hürde abgebaut."
Andererseits bringt der physische Standort neue Herausforderungen mit sich: "Retail ist ein transaktionales Geschäft mit hoher operativer Komplexität. Der tägliche Workload ist schwer planbar – besonders in der Anfangsphase." Gleichzeitig hätten sich die Erwartungen der Kundinnen verändert: "Multichannel wird heute als selbstverständlich angesehen – etwa online bestellen und im Store abholen oder umgekehrt." Das erfordert bei Ameli Zürich neue Prozesse, andere Tools und ein Team, das schnell und flexibel reagiert. Dafür sei die Retourenquote nach Offline-Käufen deutlich niedriger, weil die Kaufentscheidung bewusster getroffen wird.
Bei den Themen Tracking und Attribution erlebt die Gründerin größere Herausforderungen: Diese seien deutlich schwieriger geworden, weil die Customer Journey der Kundinnen oft lang, komplex und nicht linear sei, berichtet sie. "Viele sehen uns zunächst auf Instagram, besuchen dann mehrfach unseren Online-Shop, hören vielleicht von einer Freundin von uns und kaufen schließlich im physischen Store. Das erschwert eine saubere Zuordnung der Kanäle massiv, insbesondere für First-Touch-Plattformen wie Meta." Dadurch stoße klassisches Performance-Tracking an seine Grenzen: "Wir müssen Attribution neu denken – kanalübergreifend und deutlich differenzierter."
Die Zukunftsvision: "Unsere Wurzeln liegen ganz klar im Digitalen, und das wird auch so bleiben – gerade was Internationalisierung und Skalierung angeht. Aber ich glaube an ein 'Digital First, Physical Touchpoints'-Modell", sagt Christina Stahl. Der Store in Zürich sei kein Einzelfall, sondern ein Prototyp. Weitere Stores in Städten wie München, Hamburg, aber auch London oder New York kann sich die Gründerin gut vorstellen. Wichtig sei ihr, das komplette Markenerlebnis kontrollieren zu können – von der Präsentation über die Beratung bis zur Preisgestaltung. Mit ihren Handtaschen in größeren Handelsketten vertreten zu sein, kann sie sich nicht vorstellen – zumindest nicht in naher Zukunft. "Zum einen basiert unser gesamtes Pricing-Modell auf D2C", erklärt Stahl. "Würden wir in den Handel gehen, müssten wir entweder unsere Preise drastisch erhöhen oder an der Qualität sparen – beides passt nicht zu unserem Anspruch." Zum anderen bringe Wholesale ganz andere Anforderungen an Prozesse mit sich: längere Vorlaufzeiten, größere Produktionsmengen, weniger Flexibilität. "Unser Modell ist bewusst darauf ausgelegt, agil zu sein – mit kleinen Stückzahlen, schnellen Reaktionen auf Kundinnenfeedback und einer hohen Nähe zur Community. Im klassischen Handel wäre das schwer umsetzbar."
Hinweis der Redaktion: OMR ist über das Startup-Vertical OMR X an Koro beteiligt.